Nach über siebzehn Jahren tobt sich Regisseur Zack Snyder erneut im Zombiegenre aus. Auf das damals starke Remake des George A. Romero Klassikers Dawn of the Dead folgt nun Army of the Dead auf Netflix. Fast genauso lange schmorte auch Army of the Dead in der Produktionshölle. Bereits Universal und Warner Bros. wollten den Stoff schon verfilmen, scheiterten aber in mehreren Anläufen. Vor ein paar Jahren nutzte Netflix die Gunst der Stunde und sicherte sich die Rechte an dem Zombie Actioner. Hat der Streamingriese mit Zack Snyder und Hauptdarsteller Dave Bautista an Bord das richtige Näschen bewiesen oder hat die langwierige Produktionsgeschichte des Films doch Spuren hinterlassen?
Inhalt
Die Stadt der Sünde hat es nicht einfach. Nicht nur wird Las Vegas von einer Meute Zombies überfallen. Die fleischfressenden Untoten nehmen das Mekka des Glückspiels auch in Windeseile ein und den wenigen Überlebenden, darunter dem Söldner Scott Ward (Dave Bautista), gelingt die Flucht nicht ohne viele Verluste hinzunehmen. Einige Monate später fasst der undurchsichtige Geschäftsmann Bly Tanaka (Hiroyuki Sanada) einen wahnwitzigen Plan: Er will eine Gruppe knallharter Söldner beauftragen, Geld in Höhe von 200 Millionen Dollar aus dem von der Außenwelt abgeschnittenen Las Vegas zu holen, welches sich in dem Tresor unterhalb seines eigenen Hotelcasinos befindet. Angeführt werden soll die Gruppe vom bereits erwähnten Scott Ward, welcher sich seitdem als Burgerbrater in einem Diner verdingt. Viel Zeit bleibt Scott nicht ein schlagkräftiges Team zu versammeln, da die US-Regierung plant, eine Atombombe in wenigen Tagen über der Stadt abzuwerfen, um der dortigen Zombieplage Herr zu werden.
Deswegen gilt es, die Besten ihres Faches anzuwerben, um die Mission erfolgreich zu bewältigen. Darunter fallen neben Scotts guter Freundin Maria Cruz (Ana de la Reguera) sowie der schlagfertigen Helikopterpilotin Marianne Peters (Tig Notaro) auch der Tresorknacker Ludwig Dieter (Matthias Schweighöfer) und Kate Ward (Ella Purnell), Scotts Tochter. Zwschen beiden herrscht schon seit einiger Zeit Funkstille aufgrund eines schlimmen Ereignisses in ihrer Vergangenheit, das beide entzweit hatte. Verkompliziert wird die Situation zusätzlich dadurch, dass sie es neben den altbekannten schlürfenden Zombies auch mit schnelleren und intelligenteren Vertretern ihrer Art zu tun bekommen. Hinzu kommt außerdem, dass hinter Tanakas Plan anscheinend mehr steckt, als zunächst angenommen wurde…
Kritik
Bei Army of the Dead handelt es sich um den zweiten Eintrag in das Zombiegenre von Regisseur Zack Snyder. Bereits im Jahre 2004 machte er sich mit dem Remake von George A. Romeros Kultzombiefilm Dawn of the Dead als seinen ersten Langspielfilm einen Namen. Von da an begann eine durchaus erfolgreiche Karriere für ihn. Neben dem auch heute noch in der Popkultur präsenten Historien Actioner 300 lieferte er außerdem eine bildgewaltige und opulente Verfilmung des beliebten Watchmen Comics ab, die Kritiker und Fans insgesamt überzeugen konnte. Auf diese folgten aber auch schwächere Beiträge in die Filmwelt wie Sucker Punch oder dem Superheldenevent Batman v Superman: Dawn of Justice, welche sich den Vorwurf, mehr Style over Substance zu sein, zu Recht gefallen lassen müssen.Mit seinem neuesten Streich möchte Snyder nun an sein beliebtes Erstlingswerk wieder anknüpfen.
Interessant hierbei ist, dass die Idee zu Army of the Dead fast genauso alt ist wie Snyders Version von Dawn of the Dead. Ende der 2000er und Anfang der 2010er Jahre versuchten schon Warner und Universal eine Verfilmung des Zombiestreifens voranzutreiben. Als Regisseur war dabei u. a. Matthijs van Heijningen Jr., der Macher des The Thing Prequels, im Gespräch. Zu einer späteren Zeit während der langjährigen Produktionsphase war sogar ein gewisser James Gunn als Drehbuchautor gehandelt worden. Bevor das Projekt jedoch gänzlich in Vergessenheit geriet, schlug Netflix 2019 zu und machte nach kurzer Zeit direkt Nägel mit Köpfen. Man verpflichtete Zack Snyder nicht nur als Regisseur, sondern zugleich auch als Drehbuchautor und Kameramann. Daran merkt man bereits, dass Snyder große Lust auf das neue Netflix Original hatte und dieser Eindruck deckt sich mit der Aussage von ihm, dass es seine bisher schönste Filmerfahrung in seiner Karriere war.
Dieser positive Eindruck bestätigt sich bereits im Vorspann des Films, der einen guten Vorgeschmack auf den Rest des Films gibt. Hier zelebriert Snyder den Ausbruch der Zombies in Las Vegas mit kraftvollen sowie eindrucksvollen Bildern, die nur so vor Action, Splatter und Gore strotzen. Im Kontrast dazu steht die von Elvis Presleys Klassiker „Viva las Vegas“ untermalte Hintergrundmusik und die in grellem Pink eingeblendeten der an den Film beteiligten Namen, welche das Geschehen fast schon ironisch kommentieren. Dieser schwierige Spagat zwischen ernsthafter Zombie Action und augenzwinkerndem Metahumor ist es auch, der Army of the Dead von einem The Walking Dead oder Dawn of the Dead abhebt.
Überhaupt ist die Zombie Welt von Army of the Dead schön von Snyder in Szene gesetzt und mit guten Ideen angereichert, welche dem Zombie Genre neues hinzufügen. Das fängt bereits mit der Darstellung der verschiedenen Zombiearten an. Da wären zum einen die altbekannten Untoten, „Shamblers“ genannt, die mehr durch ihre Zahlenmäßigkeit und weniger durch ihre Agilität hervorstechen. Und dann gibt es da noch die sogenannten „Alpha“ Zombies. Diese bestechen nicht nur wie ihre Kollegen aus Danny Boyles 28 Days Later durch ihre Schnelligkeit und ihrer Stärke. Sie fallen besonders durch ihre Intelligenz und Organisation auf. Außerdem werden sie von einem König und einer Königin angeführt. Um nicht zuviel zu verraten, aber Fortpflanzung sowie der Fortbestand ihrer Kaste spielt ebenso eine Rolle bei den Alphas.
Zudem schaffen es die beiden Darsteller der Alpha Zombie Anführer, ihren Figuren eine eigene Identität und gewisse Tiefe zu verleihen. Seien es die eigenen Laute oder Geräusche, über welche diese miteinander kommunizieren, oder ihre eigens erdachte Mimik und Körpersprache. Es hievt die Darstellung von fleischfressenden lebenden Untoten auf ein anderes Level und hebt sich von den klassischen eindimensionalen Zombies ab. In nichts nach stehen hierzu auch die Regeln, welche innerhalb der Welt von Army of the Dead gelten. So können sich die Überlebenden beispielsweise einen Waffenstillstand erkaufen, indem sie für die Alphas ein Opfer darlegen. Außerdem müssen die Menschen, die von den Alphas zu einem von ihnen verwandelt werden sollen, einem bestimmtem Ritus vollzogen werden. Dieses detailverliebte Worldbuilding verleiht dem Film nochmal eine ganz eigene Note.
Es ist jedoch nicht nur die Inszenierung der Zombies, die zu begeistern weiß, sondern vor allem die Action und die für Snyder charakteristische Bildsprache. Die Action Setpieces sind allesamt von der Kamera gut eingefangen und geizen nicht mit wenigen blutigen Splatter- sowie Goreeffekten. Neben Zombies, die durch Maschinengewehre oder andere Gerätschaften zerfetzt werden, sticht hier insbesondere eine Szene hervor, in welcher einer der Söldner von einem zombifizierten Tiger geradezu brutal bearbeitet wird. In Sachen Gewalt und Splatter gibt der Netflix Film Fans des Genres alles, was sie kennen und lieben. Zur Abwechslung bekommt man aber auch hier und da ruhigere Actionsequenzen dargeboten. Beispielsweise muss sich die Gruppe in einer Szene des Films durch dunkle Räumlichkeiten voller schlafender Shamblers schleichen. Das sorgt für eine ganz eigene Intensität, da eine falsche Bewegung die ganze Zombiehorde aufwecken kann.
Der erwähnte teils ironische Metahumor ist ein weiteres Puzzleteil, welches die sehr unterhaltende Filmerfahrung komplettiert. Ein Baustein von diesem ist die von Matthias Schweighöfer dargestellte Figur des Safecrackers Ludwig Dieter, der ein Faible für Richard Wagners Götterdämmerung hat. Mag er auf den ersten Blick wieder nur eine Kopie der üblichen Rollen mit ihren leicht trotteligen Spleens aus seinen bekannten Komödien spielen, überzeugt er insbesondere im Zusammenspiel mit Omari Hardwicks Figur des abgebrühten Vanderohe. Diese kleine Bromance nimmt man beiden voll ab. Es ist amüsant mitanzusehen, wenn beide die verschiedensten Momente in einen übrgreifenden philosophischen Gesamtkontext zu setzen. Da glaubt man Snyder gerne, wenn er sagt, dass er großen Spaß an der Arbeit des Films hatte.Generell kann die ganze Söldnertruppe um Dave Bautistas Scott Ward ähnliche Sympathien entwickeln wie die Diebesbande um George Clooney aus Oceans Eleven.
Jeder der Figuren verkörpert zwar einen typischen Stereotypen, welchen man in solchen Ensemblefilmen so bereits gesehen hat, aber in ihrer Konstellation funktioniert das in diesem Fall ganz gut. Obwohl es sich bei allen insgesamt eher um Unsympathen handelt, die teilweise auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, sorgen die eingestreuten kleinen Neckereien innerhalb des Teams immer mal wieder für ein Lächeln im Gesicht des Zuschauers. Doch trotz der Sympathien, welche die Gruppe beim Zuschauen auslöst, darf man sich nie sicher sein, ob alle auch das Ende des Films erreichen. Wie schon aus Filmklassikern wie Das dreckige Dutzend oder dem Star Wars Ableger Rogue One bekannt, kann jede der Figuren plötzlich aus dem Nichts das Zeitliche segnen. Eine solche Konsequenz ist gemessen an heutigen Sehgewohnheiten mit ihrem unbedingten Fortsetzungswahn immer wieder erfrischend.
Jedoch krankt Army of the Dead wie die genannten Beispiele auch an der weiteren Ausarbeitung seiner Figuren. Bis auf Dave Bautista und seiner von Ella Purnell dargestellten Filmtochter bekommen wir von den anderen Mitgliedern nicht viel aus deren Vergangenheit zu sehen. Bis auf Andeutungen bekommt der Zuschauer nicht viel geboten. Und selbst die etwas stärker im Fokus liegende Beziehung zwischen Bautista und Purnell kann nicht vollends überzeugen. In den wenigen intimen Momenten schafft es Bautista zwar, die Verletzlichkeit seiner Figur allein durch seine Mimik zu transportieren. Aber es bleibt eben auch nur bei diesen wenigen Momenten. Mehr gibt der Film in diesem Bereich leider nicht her. Bei einer Länge von 148 Minuten heißt das schon was.
Ohnehin merkt man ihm die lange Laufzeit an manchen Stellen an. Snyder hätte den Film gut um ein paar Minuten kürzen können. Ein Nebenhandlungsstrang, der sich um ein Flüchtlingscamp nahe Vegas dreht, hätte beispielsweise komplett weichen können. Zwar ist das Thema speziell in der heutigen Zeit relevant und wäre in einem Zombiesetting mal was ganz anderes gewesen. Leider wird mit der Thematik aber eher oberflächlich umgegangen und wirkt daher deplatziert. Den altbekannten Vorwurf an Snyders Stilverliebtheit auf Kosten der mageren inhaltlichen Substanz ist bei seinem neuen Film also wieder mal nicht unberechtigt.
Nichtsdestotrotz kann man sich an dem inszenatorischen Größenwahn nicht genug sattsehen. Es ist schlicht und ergreifend eine Augenweide, Bautista beim Kampf durch eine große Casinohalle zuzusehen. Da tut die Kameraarbeit Snyders ihr übriges, um die stylisch choreografierten Actionszenen auf Zelluloid zu bannen. Selbst auf den ersten Blick uninspirierte Zeitlupenshots von platzenden Zombieköpfen können sich sehen lassen und machen in ihren Momenten Laune. Zack Snyder möchte am Ende des Tages mit Army of the Dead unkomplizierte und mitreissende Blockbusterunterhaltung bieten. Speziell in Zeiten von Corona ist das eine willkommene Ablenkung und wirkt dadurch umso mehr.
Fazit
Army of the Dead bietet ohne Zweifel nicht die hintergründigsten Figuren auf. Ebenso hätte man den Actioner auf eine noch kompaktere Länge kürzen können. Und klassischer Zombiehorror wie in Dawn of the Dead darf man auch nicht erwarten. Die Mischung aus spannendem Heist-Abenteuer in einem splatterigen Zombiesetting sorgt aber für ein unterhaltsames Filmerlebnis. Die hervorragende sowie sympathietragende Chemie zwischen den Darstellern, allen voran Matthias Schweighöfer und Omari Hardwick, machen den einzigartigen Mix komplett. Das, was man im Vorfeld vom Film erwarten würde, bekommt man auch geboten. Der Film weiß was er sein möchte. Es muss schließlich nicht immer die tiefsinnigste Filmunterhaltung sein. Bei manchen Filmen sollte man einfach das Hirn ausschalten können und Spaß haben. In diese Kategorie ist Army of the Dead wie kein zweiter bestens aufgehoben.
Army of the Dead von Zack Snyder kann seit dem 21. Mai im Abo auf Netflix ohne Aufpreis gestreamt werden.
Wie hat euch der Mix aus Oceans Eleven und The Walking Dead meets 28 Days Later gefallen? Kann Zack Snyder eurer Meinung nach mit seinem zweiten Zombiefilm nach Dawn of the Dead überzeugen? Oder hat das für euch mit den klassischen Zombiefilmvertretern a la George A. Romero nichts mehr zu tun? Ich freue mich wie immer auf eure Kommentare!
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